Westminster Bekenntnis (1647)



Westminster Bekenntnis (1647)

Artikel 1 - Von der Heiligen Schrift

Obwohl der menschliche Verstand, die Werke der Schöpfung und der Vorsehung die Güte, Weisheit und Macht Gottes so weit offenbaren, um den Menschen unentschuldbar zu machen, so reicht das doch nicht aus, um jene Erkenntnis Gottes und seines Willens zu geben, die zum Heil notwendig ist. Deshalb hat es dem Herrn gefallen, zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlicher Art und Weise sich seiner Kirche zu offenbaren und ihr jenen seinen Willen bekannt zu machen und hernach, damit die Wahrheit besser bewahrt und ausgebreitet und damit die Kirche gegen die Verdorbenheit des Fleisches und die tückische Bosheit Satans und der Welt sicherer bewahrt und getröstet würde, das alles in Schrift verfassen zu lassen. Das ist der Grund, weshalb die Heilige Schrift völlig unentbehrlich ist, nachdem jene früheren Arten, wie Gott seinen Willen seinem Volk zu erkennen gab, nun aufgehört haben.

Unter dem Namen der Heiligen Schrift oder des geschriebenen Wortes Gottes sind nun alle Bücher des Alten und Neuen Testaments wie folgt zusammengefasst:

1. bis 5. Buch Mose (Mos), Buch Josua (Jos), Buch der Richter (Ri), Buch Ruth (Ruth), 1. und 2. Buch Samuel (Sam), 1. und 2. Buch der Könige (Kön), 1. und 2. Buch der Chronik (Chr), Buch Esra (Esra), Buch Nehemia (Neh), Buch Esther (Est), Buch Hiob (Hiob), Psalmen (Ps), Sprüche Salomos (Spr), Prediger Salomo (Pred), Hohelied Salomos (HL), Prophet Jesaja (Jes), Prophet Jeremia (Jer), Klagelieder Jeremias (Klag), Prophet Hesekiel/Ezechiel (Hes/Ez), Prophet Daniel (Dan), Prophet Hosea (Hos), Prophet Joel (Joel), Prophet Amos (Amos), Prophet Obadja (Obad), Prophet Jona (Jona), Prophet Micha (Mi), Prophet Nahum (Nah), Prophet Habakuk (Hab), Prophet Zephanja (Zeph), Prophet Haggai (Hag), Prophet Sacharja (Sach), Prophet Maleachi (Mal).

Matthäus-Evangelium (Mt), Markus-Evangelium (Mk), Lukas-Evangelium (Lk), Johannes-Evangelium (Joh), Apostelgeschichte des Lukas (Apg), Römerbrief (Röm), 1. und 2. Korintherbrief (Kor), Galaterbrief (Gal), Epheserbrief (Eph), Philipperbrief (Phil), Kolosserbrief (Kol), 1. und 2. Thessalonicherbrief (Thess), 1. und 2. Timotheusbrief (Tim), Titusbrief (Tit), Philemonbrief (Philem), Hebräerbrief (Hbr), Jakobusbrief (Jkb), 1. und 2. Petrusbrief (Ptr), 1. bis 3. Johannesbrief (1.-3.Joh), Judasbrief (Jud), Offenbarung des Johannes (Offb).

Diese sind alle durch Eingebung Gottes geschrieben, zur Richtschnur von Glauben und Leben.

Die Bücher, die allgemein Apokryphen genannt werden, gehören - weil sie nicht von Gott eingegeben sind - nicht zum Kanon der Schrift. Deshalb besitzen sie keine Autorität in der Kirche Gottes und sollen in keiner anderen Weise gebilligt oder benutzt werden als andere menschliche Schriften.

Die Autorität der Heiligen Schrift, derentwegen man ihr glauben, und gehorchen soll, beruht nicht auf dem Zeugnis irgendeines Menschen oder irgendeiner Kirche, sondern gänzlich auf Gott (der die Wahrheit selbst ist) als ihrem Autor, und sie ist deswegen anzunehmen, weil sie das Wort Gottes ist.

Zwar kann uns das Zeugnis der Kirche zu einer Hochschätzung und Ehrerbietung der Heiligen Schrift gegenüber bewegen und anleiten, ebenso die himmlische Beschaffenheit des Gegenstandes, die Kraft der Lehre, die Majestät der Redeweise, die Übereinstimmung aller Teile, der Zweck des Gesamten (welcher darin besteht, Gott alle Ehre zu geben); sie offenbart vollständig den einzigen Heilsweg des Menschen. Auch die vielen anderen unvergleichbaren Eigenschaften und ihre gänzliche Vollkommenheit sind Gründe, durch die sie sich völlig überzeugend als das Wort Gottes erweist. Trotzdem stammt unsere volle Überzeugung und Gewissheit bezüglich ihrer unfehlbaren Wahrheit und göttlichen Autorität vom inwendigen Werk des Heiligen Geistes, der es durch das Wort und mit dem Wort in unseren Herzen bezeugt.

Der ganze Ratschluss Gottes - bezüglich alles dessen, was notwendig ist zu seiner eigenen Ehre, zum Heil, Glauben und Leben der Menschen - ist entweder ausdrücklich in der Schrift niedergelegt oder kann mit guter und notwendiger Folgerichtigkeit aus der Schrift abgeleitet werden, wozu nichts zu irgendeiner Zeit hinzugefügt werden darf, weder durch neue Offenbarungen des Geistes noch durch Menschenüberlieferungen. Nichtsdestoweniger erkennen wir die innere Erleuchtung des Heiligen Geistes als heilsnotwendig an für das Verstehen der Dinge, die im Wort geoffenbart sind, und dass es einige Umstände bezüglich der Gottesverehrung und der Kirchenleitung gibt, die mit menschlichen Verhaltensweisen und Kulturkreisen Gemeinsamkeiten aufweisen und deshalb mit Hilfe des natürlichen Verstandes und der christlichen Klugheit zu ordnen sind, gemäß den allgemeinen Regeln des Wortes, nach welchem man sich immer zu richten hat

In der Schrift sind weder alle Dinge in sich selbst klar, noch gleich verständlich für jeden; doch sind jene Dinge, die heilsnotwendig sind zu wissen, zu glauben und zu halten, so deutlich vorgestellt und eröffnet an der einen oder anderen Stelle der Schrift, dass nicht nur der Geschulte, sondern auch der Ungeschulte beim rechten Gebrauch der ordentlichen Mittel zu einem ausreichenden Verständnis dessen gelangen kann.

Das Alte Testament in Hebräisch (das die eigene Sprache des Volkes Gottes von alters her war) und das Neue Testament in Griechisch (das zur Zeit seiner Abfassung den Völkern ganz allgemein bekannt war), sind, weil sie von Gott unmittelbar eingegeben und durch seine besondere Fürsorge und Vorsehung zu allen Zeiten unverfälscht bewahrt sind, völlig zuverlässig, sodass sich die Kirche in allen Religionsstreitigkeiten letztlich auf sie berufen soll. Weil aber diese Ursprachen nicht dem gesamten Volk Gottes - das ein Recht und Interesse an der Schrift hat und dem geboten ist, sie in Gottesfurcht zu lesen und zu erforschen - bekannt sind, so sollen sie in die Umgangssprache jedes Volkes, zu dem sie gelangen, übersetzt werden, damit das Wort Gottes reichlich in allen wohne, sie ihm in einer wohlgefälligen Weise dienen und durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben können.

Die unfehlbare Regel der Schriftauslegung ist die Schrift selbst. Deswegen muss, wenn eine Frage über die wahre und volle Bedeutung einer Schriftstelle vorliegt (die nur einen Wortsinn zulässt), das mit Hilfe anderer Stellen, wo deutlicher davon die Rede ist, erforscht und erkannt werden.

Der oberste Richter, von dem alle Religionsstreitigkeiten entschieden werden und alle Konzilsbeschlüsse, Meinungen von Kirchenvätern, Menschenlehren und einzelne Geister geprüft werden müssen und bei dessen Urteil wir Ruhe finden sollen, kann kein anderer sein als der Heilige Geist, der in der Schrift spricht.

Artikel 2 - Von Gott und seiner Dreieinigkeit

Es gibt nur einen einzigen lebendigen und wahren Gott, der unendlich ist in Wesen und Vollkommenheit, ganz und gar Geist, unsichtbar, ohne Körper, Teile oder willkürliche Gemütserregungen. Er ist unveränderlich, unermesslich, ewig, unbegreiflich, allmächtig, allwissend, absolut heilig, vollkommen frei, herrscht völlig uneingeschränkt und wirkt alle Dinge nach dem Rat seines eigenen unwandelbaren und absolut gerechten Willens zu seiner eigenen Ehre. Er ist voller Liebe, Gnade und Barmherzigkeit, geduldig, reich an Güte und Wahrheit, vergibt Missetat, Übertretung und Sünde und belohnt, die ihn eifrig suchen. Zugleich ist er absolut gerecht und sehr schrecklich in seinen Gerichten, denn er hasst alle Sünde und spricht den Schuldigen auf keinen Fall frei.

Gott hat alles Leben, alle Herrlichkeit, Güte und Erfüllung in sich und von sich selbst, und ist allein in sich und für sich selbst allgenugsam: indem er in keiner Weise irgendeine Kreatur benötigt, die er geschaffen hat, noch auf irgendeine Ehre von dieser angewiesen ist; vielmehr offenbart er nur seine eigene Ehre in, durch, an und über diese. Er allein ist der Grund alles dessen, was ist, von dem, durch den und zu dem hin alle Dinge sind, und er hat die höchste Macht über sie, durch sie, für sie oder über ihnen zu tun, was immer ihm gefällt. Vor seinen Augen sind alle Dinge aufgedeckt und nichts entgeht ihm, sein Wissen ist unendlich, unfehlbar und unabhängig von den Kreaturen, so wie nichts für ihn zufällig oder ungewiss ist. Er ist ganz und gar heilig in seinen Ratschlüssen, in allen seinen Werken und in allen seinen Geboten. Ihm steht zu - von Engeln und Menschen und jeder anderen Kreatur -, was er auch immer nach seinem Gefallen von ihnen an Verehrung, Dienst oder Gehorsam fordert.

In der Einheit der Gottheit sind drei Personen von einem Wesen, einer Macht und Ewigkeit: Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott der Heilige Geist. Der Vater ist von niemandem weder gezeugt noch ausgehend; der Sohn ist in Ewigkeit vom Vater gezeugt; der Heilige Geist geht in Ewigkeit vom Vater und vom Sohn aus.

Artikel 3 - Von Gottes ewigem Ratschluss

Gott hat von aller Ewigkeit her nach dem vollkommen weisen und heiligen Ratschluss seines eigenen Willens uneingeschränkt frei und unveränderlich alles angeordnet, was auch immer geschieht; doch so, dass Gott dadurch weder Urheber der Sünde ist noch dem Willen der Geschöpfe Gewalt angetan, noch die Freiheit oder Möglichkeit der Zweitursachen aufgehoben, sondern vielmehr in Kraft gesetzt werden.

Obwohl Gott alles weiß, was unter allen gegebenen Umständen geschehen soll oder kann, so hat er doch nichts aus dem Grund beschlossen, weil er es als zukünftig vorausgesehen hat, oder dass es unter bestimmten Umständen eintreffen würde.

Durch Ratschluss Gottes sind zur Offenbarung seiner Ehre die einen Menschen und Engel vorherbestimmt zum ewigen Leben, die anderen verordnet zum ewigen Tod.

Diese vorherbestimmten und zuvor verordneten Engel und Menschen sind besonders und unabänderlich bezeichnet, und ihre Zahl ist so gewiss und begrenzt, dass sie weder vermehrt noch vermindert werden kann.

Diejenigen, die aus dem menschlichen Geschlecht zum Leben vorherbestimmt sind, hat Gott vor Grundlegung der Welt nach seinem ewigen und unwandelbaren Vorsatz und verborgenen Ratschluss und Wohlgefallen seines Willens in Christus zu ewiger Herrlichkeit erwählt; dies aus seiner völlig freien Gnade und Liebe - ohne jede Rücksicht auf Glauben und gute Werke oder die Beharrung in beiden, auch hat ihn keine in den Kreaturen vorhandene Voraussetzung oder Ursache dazu bewogen; und all das zum Lobpreis seiner herrlichen Gnade.

Wie Gott die Erwählten zur Herrlichkeit berufen hat, so hat er nach dem ewigen und völlig freien Entschluss seines Willens alle Mittel dazu im voraus bestimmt. Deswegen sind die Erwählten, die in Adam gefallen sind, erlöst durch Christus; wirksam berufen zum Glauben an Christus durch seinen Geist, der zu seiner Zeit wirkt; sind gerechtfertigt, zur Kindschaft angenommen, geheiligt und bewahrt aus seiner Kraft durch den Glauben zum ewigen Heil. So sind auch keine anderen durch Christus erlöst, wirksam berufen, gerechtfertigt, angenommen, geheiligt und bewahrt als allein die Erwählten.

Nach dem unerforschlichen Ratschluss seines eigenen Willens - aufgrund dessen er Barmherzigkeit walten lässt oder zurückhält, wie es ihm gefällt - hat Gott beschlossen, die übrige Menschheit zur Ehre seiner höchsten Macht über seine Geschöpfe zu übergehen und sie zum Lob seiner vollkommenen Gerechtigkeit wegen ihrer Sünde zu Schmach und Zorn zu bestimmen.

Die Lehre dieser tiefen Geheimnisse der Vorherbestimmung soll mit besonderer Klugheit und Sorgfalt behandelt werden, damit die Menschen - die den im Wort geoffenbarten Willen Gottes beachten und ihm Gehorsam leisten - in der festen Zuversicht auf ihre wirksame Berufung Gewissheit haben, dass sie in Ewigkeit erwählt worden sind. So soll diese Lehre als Grund zum Lobpreis, zur Ehrerbietung und Bewunderung Gottes und zu Demut, Fleiß und reichlichem Trost für alle, die dem Evangelium ernsthaft gehorchen, dienen.

Artikel 4 - Von der Schöpfung

Es hat Gott dem Vater, Sohn und Heiligen Geist zur Offenbarung der Herrlichkeit seiner ewigen Macht, Weisheit und Güte gefallen, am Anfang die Welt und die Dinge in ihr zu schaffen, beziehungsweise aus Nichts zu machen. Dies alles, sowohl das Sichtbare als auch das Unsichtbare, entstand in dem Zeitraum von sechs Tagen2 und war sehr gut.

Nachdem Gott alle anderen Kreaturen gemacht hatte, erschuf er den Menschen, Mann und Frau, mit vernunftbegabten und unsterblichen Seelen; ausgestattet mit Erkenntnis, Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit nach seinem eigenen Ebenbild. Das Gesetz Gottes war in ihre Herzen geschrieben und sie besaßen die Kraft, es zu erfüllen; gleichzeitig stand ihnen jedoch die Möglichkeit zur Übertretung offen, indem sie der Freiheit ihres eigenen Willens, der dem Wechsel unterworfen war, überlassen wurden. Außer diesem in ihre Herzen geschriebenen Gesetz erhielten sie das eine Gebot, nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen. Solange sie dieses Gebot hielten, waren sie glücklich in der Gemeinschaft mit Gott und besaßen die Herrschaft über die Schöpfung.

Artikel 5 - Von der Vorsehung

Gott, der große Schöpfer aller Dinge, erhält, lenkt, verfügt und regiert über alle Kreaturen, Handlungen und Dinge - von den größten bis hin zu den geringsten - durch seine vollkommen weise und heilige Vorsehung, nach dem unfehlbaren Vorauswissen und dem freien und unveränderlichen Ratschluss seines eigenen Willens zum Lob seiner herrlichen Weisheit, Macht, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.

Obwohl in bezug auf das Vorauswissen und den Ratschluss Gottes - als der Erstursache - alle Dinge ohne geändert werden zu können, unfehlbar geschehen, so ordnet er sie doch durch seine Vorsehung so, dass sie sich nach der Natur der Zweitursachen entweder zwangsläufig, frei oder zufällig ereignen.

In der Vorsehung macht Gott normalerweise von bestimmten Mitteln Gebrauch, ist aber frei, nach seinem Gefallen, ohne, über und gegen solche zu wirken.

Die Allmacht, unerforschliche Weisheit und unendliche Güte Gottes offenbaren sich selbst in seiner Vorsehung so weit, dass sie sich sogar bis zum ersten Sündenfall und allen anderen Sünden von Engeln und Menschen erstrecken. Darin kommt nicht nur eine bloße Zulassung zum Ausdruck, vielmehr verbindet sie sich mit verschiedenartigen Fügungen, durch die Gott - zur Erfüllung seiner heiligen Ziele - seinen Geschöpfen in göttlicher Weisheit und Macht bestimmte Grenzen setzt und sie auf eine andere Art und Weise leitet und regiert. Das geschieht jedoch so, dass die Sündhaftigkeit nur vom Geschöpf ausgeht und nicht von Gott, der als ganz und gar heiliger und gerechter Gott die Sünde weder befürworten noch ihr Urheber sein kann.

Der vollkommen weise, gerechte und gnädige Gott überlässt seine eigenen Kinder öfters eine Zeitlang verschiedenartigen Versuchungen und dem verderblichen Einfluss ihrer eigenen Herzen, um sie wegen ihrer früheren Sünden zu strafen oder ihnen die verborgene Kraft der Verdorbenheit und Falschheit ihrer Herzen aufzudecken, damit sie demütig werden. Dabei verfolgt Gott auch die Absicht, die Seinen zu bewegen, dass sie bei ihm in einer engeren und beständigeren Abhängigkeit Zuflucht suchen. Neben verschiedenen anderen gerechten und heiligen Zielsetzungen will er sie dadurch auf alle künftigen Ursachen der Sünde umso aufmerksamer machen.

Gott verblendet und verstockt als ein gerechter Richter jene Menschen, die sündhaft und gottlos bleiben, wegen ihrer früheren Sünden. Dabei versagt er ihnen nicht nur seine Gnade, durch die sie in ihrem Verstand hätten erleuchtet und in ihren Herzen in Bewegung hätten gebracht werden können, sondern manchmal entzieht er ihnen auch die Gaben, die sie hatten, und setzt sie solch widerlichen Dingen aus, die zu einer derartigen Zerrüttung der menschlichen Persönlichkeit führen, dass die Gelegenheit zur Sünde umso mehr gesucht wird. In all dem überlässt er sie ihren eigenen Lüsten, den Versuchungen der Welt und der Macht des Satans, was zur Folge hat, dass sie sich genau unter denselben Mitteln verhärten, die Gott sonst gebraucht, um andere zu erweichen.

Wie sich die Vorsehung Gottes im allgemeinen auf alle Geschöpfe erstreckt, so trägt sie auf eine ganz besondere Weise Sorge für seine Kirche und wendet ihr alle Dinge zum Guten.

Artikel 6 - Von dem Fall des Menschen, von der Sünde und von deren Strafe

Verführt durch die List und Versuchung Satans, haben unsere ersten Eltern gesündigt, indem sie die verbotene Frucht aßen. Nach seinem weisen und heiligen Ratschluss hat es Gott gefallen - in der Absicht, dass es zu seiner eigenen Ehre hinausführen sollte - diese ihre Sünde zuzulassen.

Durch diese Sünde sind sie aus ihrer ursprünglichen Gerechtigkeit und Gemeinschaft mit Gott gefallen und so Tote in Sünden geworden; gänzlich verdorben in allen Fähigkeiten und Teilen von Seele und Leib.

Weil sie die Wurzel der ganzen Menschheit sind, wurde ihrer gesamten Nachkommenschaft, die von ihnen durch natürliche Zeugung abstammt, die Schuld dieser Sünde zugerechnet und derselbe Tod in Sünden und die verdorbene Natur auf sie übertragen.

Dieser ursprünglichen Verderbnis, durch die wir äußerst abgeneigt, unfähig und feindlich gegenüber allem Guten und gänzlich hingeneigt zu allem Bösen sind, entspringen alle tätlichen Übertretungen.

Solche Verderbnis der Natur bleibt während dieses Lebens auch in denjenigen, die wiedergeboren sind, und obwohl sie durch Christus vergeben und getötet wird, so ist doch beides, sie selbst und alle ihre Regungen, wahrhaftig und eigentlich Sünde.

Jede Sünde bringt entsprechend ihrer eigenen Natur Schuld über den Sünder. Dies trifft sowohl auf die angeborene als auch auf die tätliche Sünde zu, denn beides stellt Übertretung und Widerspruch gegen das gerechte Gesetz Gottes dar. Deshalb ist der Sünder dem Zorn Gottes und dem Fluch des Gesetzes verfallen und damit dem Tod mit allem geistlichen, zeitlichen und ewigen Elend unterworfen.

Artikel 7 - Vom Bund Gottes mit den Menschen

Der Abstand zwischen Gott und der Schöpfung ist so gewaltig, dass die vernunftbegabte Schöpfung niemals irgendwelche himmlische Freude oder Belohnung als Ausdruck ihres Anteils an Gott empfangen könnte, obwohl sie Gott als ihrem Schöpfer Gehorsam schuldet - es sei denn dadurch, dass sich Gott selbst zum Menschen freiwillig herabneigt, was er mit Hilfe des Bundes zum Ausdruck bringen wollte.

Der erste mit den Menschen geschlossene Bund war ein Bund der Werke, worin Adam und in ihm seiner Nachkommenschaft das Leben unter der Bedingung eines vollkommenen und persönlichen Gehorsams verheißen worden war.

Nachdem sich der Mensch durch seinen Fall unfähig gemacht hatte, im Rahmen jenes Bundes zu leben, hat es dem Herrn gefallen, einen zweiten aufzurichten, allgemein "Bund der Gnade" genannt. In ihm bietet er Sündern Leben und Erlösung durch Jesus Christus an, indem er von ihnen Glauben an ihn fordert, damit sie erlöst werden können; in ihm hat er verheißen, all denjenigen seinen Heiligen Geist zu geben, die zum Leben verordnet sind, um ihren Willen zu wecken und sie zum Glauben fähig zu machen.

Dieser Bund der Gnade wird in der Schrift häufig als ein Testament bezeichnet; das bezieht sich auf den Tod Jesu Christi als dem Testator und auf das ewige Erbe, das mit allem, was dazu gehört, darin vermacht wird.

Dieser Bund wurde in der Zeit des Gesetzes und in der Zeit des Evangeliums auf verschiedene Weise gehandhabt : unter dem Gesetz wurde er durch Verheißungen, Prophezeiungen, Opfer und Beschneidung vollzogen, durch das Passahlamm und andere Vorbilder und Anordnungen, die dem Volk der Juden aufgetragen waren und alle das Kommen Christi im voraus andeuteten. Das reichte in jener Zeit aus und bewirkte durch die Hilfestellung des Heiligen Geistes, dass die Erwählten unterwiesen und im Glauben an den verheißenen Messias - durch den sie volle Vergebung der Sünden und ewige Erlösung hatten - gefestigt wurden; das wird das Alte Testament genannt.

Unter dem Evangelium - als Christus, das eigentliche Wesen des Bundes, erschien - wird dieser Bund durch die Anordnung, das Wort zu predigen und die Sakramente von Taufe und Abendmahl zu verwalten, vollzogen. Obwohl geringer an Zahl, mit mehr Einfachheit und weniger äußerem Glanz verwaltet, ist in diesen Anordnungen dennoch dasselbe in größerer Fülle, Klarheit und geistlicher Wirksamkeit für alle Völker enthalten, für beide: Juden und Heiden; das wird das Neue Testament genannt.

Aus diesem Grund gibt es nicht zwei Gnadenbünde, die ihrem Wesen nach zu unterscheiden wären, sondern ein und denselben in verschiedenen Ausführungen.

Artikel 8 - Von Christus, dem Mittler

Es hat Gott in seinem ewigen Vorsatz gefallen, den Herrn Jesus, seinen eingeborenen Sohn, zu erwählen und zum Mittler zwischen Gott und Menschen zu bestimmen, zum Propheten, Priester und König, zum Haupt und Erlöser seiner Kirche, zum Erben aller Dinge und zum Richter der Welt. Ihm hat er von Ewigkeit her ein Volk gegeben, das seine Nachkommenschaft sein und von ihm zu seiner Zeit erlöst, berufen, gerechtfertigt, geheiligt und verherrlicht werden sollte.

Der Sohn Gottes, die zweite Person in der Dreieinigkeit, wahrer und ewiger Gott, von einem Wesen und gleich mit dem Vater, nahm, als die Fülle der Zeit gekommen war, menschliche Natur an sich mit all deren wesentlichen Eigenschaften und allgemeinen Schwachheiten, jedoch ohne jede Sünde. Er wurde durch die Kraft des Heiligen Geistes im Leib der Jungfrau Maria empfangen, ausgestattet mit der menschlichen Natur ihres Wesens. So sind die beiden ganzen, vollständigen und verschiedenartigen Naturen - die Gottheit und die Menschheit - untrennbar in einer Person vereinigt, ohne Verwandlung, Zusammensetzung oder Vermischung. Dieser Person ist wahrer Gott und wahrer Mensch, doch nur der eine Christus, der einzige Mittler zwischen Gott und Menschen.

In seiner menschlichen Natur auf diese Weise mit der göttlichen Natur vereinigt, wurde der Herr Jesus über die Maßen geheiligt und gesalbt mit dem Heiligen Geist. In ihm sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis; so hat es Gott gefallen, dass in ihm die Fülle wohnen sollte. All das diente dem Ziel, dass er - heilig, ohne Schuld, rein und voller Gnade und Wahrheit - völlig ausgerüstet sei, um die Aufgabe eines Mittlers und Bürgen auszuführen. Er hatte dieses Amt nicht selbst ergriffen, sondern wurde von seinem Vater dazu berufen, der ihm alle Macht und alles Gericht in seine Hand gegeben und ihn beauftragt hat, dieses auszuführen.

Diese Aufgabe hat der Herr Jesus völlig freiwillig übernommen. Um sie zu erfüllen, wurde er unter das Gesetz getan, erfüllte es vollständig und erduldete bitterste Qualen sowohl an seiner Seele als auch äußerst schmerzhafte Leiden an seinem Leibe. Er wurde gekreuzigt und starb, wurde begraben und blieb unter der Macht es Todes, sah jedoch keine Verwesung. Am dritten Tag ist er mit demselben Leib auferstanden von den Toten, in welchem er gelitten hat; in demselben fuhr er auch in den Himmel auf, sitzt dort zur Rechten seines Vaters und legt Fürsprache ein. Von dort wird er wiederkommen, um Menschen und Engel am Ende der Welt zu richten.

Der Herr Jesus hat der Gerechtigkeit seines Vaters vollständig entsprochen, indem er sich selbst in völligem Gehorsam durch den ewigen Geist ein für allemal Gott geopfert hat. Damit hat er nicht nur die Versöhnung erworben, sondern auch ein ewiges Erbe im Himmelreich für alle diejenigen, welche ihm der Vater gegeben hat.

Obwohl das Werk der Erlösung von Christus eigentlich erst nach seiner Menschwerdung vollbracht worden ist, so sind doch dessen Kraft, Wirkung und Wohltaten den Erwählten zu allen Zeiten seit Anfang der Welt in und durch jene Verheißungen, Vorbilder und Opfer übereignet worden, in denen er geoffenbart und angekündigt worden ist, dass er der Nachkomme der Frau sei, der den Kopf der Schlange zertreten sollte, und das Lamm, geschlachtet von Anbeginn der Welt, gestern und heute derselbe und in Ewigkeit.

Christus handelt im Werk der Mittlerschaft nach beiden Naturen, durch jede Natur dementsprechend, was zu ihrem besonderen Wesen gehört; doch wegen der Einheit der Person wird in der Schrift manchmal das, was zur einen Natur gehört, der Person zugeschrieben, die nach der anderen Natur gekennzeichnet ist.

Auf alle diejenigen, für welche Christus die Erlösung erworben hat, überträgt und wendet er sie gewiss und wirksam an. Dabei tritt er für sie ein und offenbart ihnen in und durch das Wort die Geheimnisse der Erlösung; er überzeugt sie durch seinen Geist so nachhaltig, dass sie Glauben finden und Gehorsam leisten, und leitet ihre Herzen durch sein Wort und seinen Geist; dabei überwindet er auch durch seine allmächtige Kraft und Weisheit alle ihre Feinde auf eine Art und Weise, wie es seinen wunderbaren und erforschlichen Fügungen entspricht.

Artikel 9 - Vom freien Willen

Gott hat den Willen des Menschen mit einer solchen Freiheit ausgerüstet, dass er weder zum Guten oder Bösen gezwungen, noch durch irgendeine absolute natürlich Notwendigkeit begrenzt worden ist.

In seinem Stand der Unschuld besaß der Mensch die Freiheit und Kraft, das zu wollen und zu tun, was gut und wohlgefällig vor Gott ist; dies jedoch veränderlich, sodass die Möglichkeit gegeben war, auch davon abzufallen.

Durch seinen Fall in den Stand der Sünde hat der Mensch alle mit seiner Erlösung verbundene Fähigkeit verloren, das geistlich Gute zu wollen. Deshalb ist der natürliche, völlig von diesem Guten abgewandte, in Sünden tote Mensch unfähig, sich durch eigene Kraft selbst zu bekehren oder sich selbst darauf vorzubereiten.

Wenn Gott einen Sünder bekehrt und ihn in den Stand der Gnade versetzt, befreit er ihn von seiner angeborenen Versklavung unter die Sünde und macht ihn durch seine Gnade allein fähig, frei das zu wollen und zu tun, was geistlich gut ist, jedoch so, dass er aufgrund seiner verbleibenden Verderbnis nicht vollkommen oder ausschließlich das will, was gut ist, sondern auch das, was böse ist.

Der Wille des Menschen wird erst im Stand der Herrlichkeit völlig und unveränderlich dazu befreit sein, um nur das Gute zu tun.

Artikel 10 - Von der wirksamen Berufung

Alle diejenigen, die Gott zum Leben vorherbestimmt hat, diese allein beruft er nach seinem Wohlgefallen zu seiner bestimmten und willkommenen Zeit wirksam durch sein Wort und seinen Geist aus dem Stand von Sünde und Tod, worin sie von Natur sind, zur Gnade und Erlösung durch Jesus Christus, indem er ihren Verstand erleuchtet, die göttlichen Dinge geistlich und zum Heil zu verstehen, ihr steinernes Herz wegnimmt und ihnen ein fleischernes Herz gibt, ihre Willensregungen erneuert und sie durch seine allmächtige Kraft zum Guten bestimmt und sie wirksam zu Jesus Christus zieht, doch so, dass sie ganz freiwillig kommen, im Willen geweckt durch seine Gnade.

Diese wirksame Berufung stammt allein von Gottes freier und besonderer Gnade, ganz und gar nicht von irgend etwas, was im Menschen vorausgesehen war, der darin ganz passiv ist, bis er - durch den Heiligen Geist belebt und erneuert - dadurch befähigt ist, seiner Berufung zu folgen und die darin angebotene und vermittelte Gnade zu empfangen.

Die erwählten Kinder, die in ihrer Kindheit sterben, sind wiedergeboren und gerettet durch Christus mittels des Geistes, der wirkt, wann und wo und wie es ihm gefällt. Ebenso verhält es sich mit allen anderen erwählten Personen, die unfähig sind, durch den Dienst des Wortes äußerlich berufen zu werden.

Andere, die nicht erwählt sind, kommen, obwohl sie durch den Dienst des Wortes berufen werden und einige allgemeine Wirkungen des Geistes haben mögen, doch niemals wirklich zu Christus und können deswegen nicht gerettet werden. Viel weniger können Menschen, die den christlichen Glauben nicht bekennen, auf irgendeine andere Weise gerettet werden, seien sie auch noch so fleißig, ihr Leben nach der natürlichen Offenbarung und den Vorschriften der Religion, die sie bekennen, einzurichten. Die Behauptung, sie könnten doch gerettet werden, ist sehr schädlich und zu verwerfen.

Artikel 11 - Von der Rechtfertigung

Diejenigen, die Gott wirksam beruft, die rechtfertigt er auch aus Gnaden, nicht indem er sie mit Gerechtigkeit erfüllt, sondern dadurch, dass er ihre Sünden vergibt und ihre Personen als gerecht erachtet und sie annimmt, nicht wegen irgend etwas, was in ihnen bewirkt oder von ihnen getan worden ist, sondern um Christi willen allein. Weder der Glaube selbst, nämlich der Glaubensakt, noch irgendein anderer evangelischer Gehorsam (wie die Umkehr zu Christus), wird ihnen als Gerechtigkeit angerechnet. Vielmehr erfolgt die Rechtfertigung dadurch, dass ihnen die Gerechtigkeit und die Sühne Christi angerechnet wird, wobei sie sich auf ihn und seine Gerechtigkeit verlassen und diese durch den Glauben empfangen; solch einen Glauben haben sie jedoch nicht aus sich selbst - er ist ein Geschenk Gottes.

Der Glaube, nämlich Christus aufzunehmen und auf ihn und seine Gerechtigkeit zu vertrauen, ist das einzige Mittel der Rechtfertigung. Doch er ist in der gerechtfertigten Person nicht allein, sondern immer vereint mit allen anderen heilsamen Gnadengaben; so ist er kein toter Glaube, sondern ein Glaube, der durch die Liebe tätig ist.

Durch seinen Gehorsam und Tod hat Christus die Schuld all jener völlig getilgt, die so gerechtfertigt sind. Zu ihren Gunsten leistete er der Gerechtigkeit seines Vaters eine angemessene, wirkliche und völlige Genugtuung. Doch insofern, als er von seinem Vater dahingegeben und sein Gehorsam und seine Sühne an ihrer Statt angenommen wurde, und beides freiwillig und wegen keiner Ursache in ihnen geschah, ist ihre Rechtfertigung allein Sache der freien Gnade. Deshalb soll in der Rechtfertigung des Sünders beides, die strikte Gerechtigkeit wie auch die reiche Gnade Gottes, verherrlicht werden.

Gott hat von aller Ewigkeit her beschlossen, alle Erwählten zu rechtfertigen; so ist Christus in der Fülle der Zeit für ihre Sünden gestorben und um ihrer Rechtfertigung willen wieder auferstanden - trotzdem sind sie nicht gerechtfertigt, bis der Heilige Geist zu seiner Zeit ihnen Christus wirklich zueignet.

Gott hört nicht auf, denjenigen, die gerechtfertigt sind, die Sünden zu vergeben, und obwohl sie aus dem Stand der Rechtfertigung nie mehr fallen können, so können sie doch durch ihre Sünden unter Gottes väterliches Missfallen geraten. Dabei haben sie nicht eher das Licht seines gnädigen Angesichts wieder über sich, bevor sie sich nicht selbst demütigen, ihre Sünden bekennen, um Vergebung bitten und ihren Glauben durch Umkehr erneuern.

Die Rechtfertigung der Gläubigen im Alten Testament war in jeder Hinsicht ein und dieselbe wie die Rechtfertigung der Gläubigen im Neuen Testament.

Artikel 12 - Von der Annahme zur Kindschaft

All denen, die gerechtfertigt sind, gewährt Gott in seinem einzigen Sohn Jesus Christus, und um seinetwillen, an der Gnade der Kindschaft teilzuhaben : dadurch werden sie Kinder Gottes und genießen die entsprechenden Freiheiten und Vorrechte; Gottes Name wird auf sie gelegt, sie empfangen den Geist der Kindschaft und haben mit aller Zuversicht Zutritt zum Thron der Gnade; sie sind befähigt, "Abba", Vater! zu rufen und werden durch ihn wie von einem Vater in Erbarmen gehüllt, geschützt, umsorgt und gestraft. Doch niemals werden sie verstoßen, sondern sie sind versiegelt auf den Tag der Erlösung und ererben die Verheißungen als Erben des ewigen Heils.

Artikel 13 - Von der Heiligung

Diejenigen, die wirksam berufen und wiedergeboren sind, besitzen ein neues Herz und einen neuen Geist, beides in ihnen neu geschaffen. Sie werden weiterhin wirklich und persönlich geheiligt durch die Kraft des Todes und der Auferstehung Christi, durch sein Wort und seinen Geist, der in ihnen wohnt. Dabei wird die Herrschaft der Sünde gebrochen und die verschiedenen Begierden mehr und mehr geschwächt und getötet. So werden sie mehr und mehr erweckt und gestärkt durch all jene Gnadengaben, die zum Heil führen, damit sie wahre Heiligkeit ausleben, ohne die kein Mensch den Herrn sehen wird.

Diese Heiligung erstreckt sich auf den ganzen Menschen, doch ist sie in diesem Leben unvollkommen; denn es verbleiben in allen Bereichen noch einige Reste an Verderbnis. Daraus entspringt ein fortwährender und unversöhnlicher Kampf, da das Fleisch gegen den Geist aufbegehrt und der Geist gegen das Fleisch.

Obwohl in diesem Kampf die verbliebene Verderbnis eine Zeitlang auch vorherrschen mag, so gewinnt doch der wiedergeborene Teil durch die unaufhörliche Kraftzufuhr von dem heiligmachenden Geist Christi die Oberhand; und so wachsen die Heiligen in der Gnade, indem sie ihre Heiligkeit in der Furcht Gottes vervollkommnen.

Artikel 14 - Vom rettenden Glauben

Die Gnadengabe des Glaubens, wodurch die Erwählten befähigt werden, zum Heil ihrer Seelen zu glauben, ist das Werk des Geistes Christi in ihren Herzen; nach der Ordnung Gottes bewirkt durch den Dienst des Wortes. Diese Gnadengabe wächst und wird gefestigt durch das Wort, durch Sakramentsverwaltung und Gebet.

Wegen der Autorität Gottes, der darin spricht, hält ein Christ durch diesen Glauben für wahr, was auch immer im Wort geoffenbart ist und handelt danach auf verschiedene Art und Weise, je nachdem, was die einzelnen Schriftstellen beinhalten; so leistet er den Geboten Gehorsam, nimmt mit Erschrecken die Drohungen wahr und ergreift die Verheißungen Gottes für dieses und das zukünftige Leben. Der aktive, rettende Glaube gewinnt seine wichtigste Bedeutung darin, dass er Christus annimmt, ihn aufnimmt und in ihm allein zur Rechtfertigung, Heiligung und zum ewigen Leben aufgrund des Gnadenbundes Ruhe findet.

Dieser Glaube weist verschiedene Grade auf, ob schwach oder stark; er kann oft und auf verschiedene Art und Weise angefochten und geschwächt sein, behält jedoch am Ende den Sieg. So wächst er in vielen bis zur Entfaltung einer vollen Gewissheit durch Christus, welcher der "Anfänger und Vollender" unseres Glaubens ist.

Artikel 15 - Von der Umkehr zum Leben

Die Umkehr zum Leben ist eine evangelische Gnadengabe; die Lehre davon muss von jedem Diener des Evangeliums gepredigt werden, ebenso wie die vom Glauben an Christus.

In der Umkehr ist ein Sünder dermaßen schmerzlich über seine Sünde betroffen und haßt sie so sehr, dass er sich davon abkehrt und Gott zuwendet. Dies geschieht sowohl deshalb, weil er die Gefahr der Sünden erkennt und auch das Widerwärtige und Ekelhafte der Sünden empfindet, die dem heiligen Wesen Gottes und seinem gerechten Gesetz widersprechen; als auch deshalb, weil die Barmherzigkeit in Christus nur von denen wahrgenommen wird, die beschämt umkehren. Daraus folgt, dass er beabsichtigt und sich bemüht, mit Gott nach der Richtlinie seiner Gebote zu leben.

Obwohl man sich nicht auf die Umkehr verlassen soll, als würde sie die Sünde tilgen oder irgendwie deren Vergebung verursachen, was doch ein Werk von Gottes freier Gnade in Christus ist, so ist sie doch für alle Sünder dermaßen unentbehrlich, dass ohne sie niemand Vergebung erwarten darf.

So wie keine Sünde zu geringfügig ist, als dass sie Verdammnis verdienen würde, so ist keine Sünde zu groß, als dass sie über die Verdammnis bringen könnte, die aufrichtig bereuen.

Die Menschen sollten sich nicht mit einer allgemeinen Umkehr zufrieden geben, sondern es ist Pflicht jedes Menschen, um so mehr nach der Abkehr von einzelnen Sünden zu streben.

Einerseits ist jeder Mensch verpflichtet, seine Sünden persönlich Gott zu bekennen und um deren Vergebung zu bitten, wobei er, wenn er sie meidet, Barmherzigkeit finden wird. Wer an seinem Bruder schuldig geworden ist oder in der Gemeinde Christi Anstoß erregt hat, soll andererseits bereit sein, den Betroffenen gegenüber seine Reue zu bezeugen. Dies soll durch ein privates oder öffentliches Bekenntnis und ein aufrichtiges Bedauern über seine Sünden geschehen; daraufhin sollen sich diejenigen, die verletzt worden sind, mit ihm versöhnen und ihn in Liebe aufnehmen.

Artikel 16 - Von den guten Werken und ihrem Lohn

Gute Werke sind allein die, welche Gott in seinem heiligen Wort geboten hat, und nicht solche, die ohne dessen Vollmacht von Menschen aus blindem Eifer oder unter irgendeinem Vorwand guter Absichten erfunden worden sind.

Diese guten Werke, getan im Gehorsam gegen Gottes Gebote, sind die Früchte und sichtbaren Folgen eines wahren und lebendigen Glaubens. Durch sie bringen die Gläubigen ihre Dankbarkeit zum Ausdruck, bekräftigen ihre Gewissheit, fördern ihre Brüder, zieren das Bekenntnis des Evangeliums, stopfen Gegnern den Mund und verherrlichen Gott; denn sie sind dessen Werkzeuge, dazu geschaffen in Christus Jesus, um als solche, die ihre Frucht in Heiligkeit bringen, zum Schluss das ewige Leben zu empfangen.

Ihre Fähigkeit, Gutes zu tun, stammt keineswegs von ihnen selbst, sondern gänzlich vom Geist Christi. Damit sie dazu befähigt werden, ist neben den bereits empfangenen Gnadengaben ein direkter Einfluss desselben Heiligen Geistes erforderlich, um in ihnen das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen zu wirken. Doch dürfen sie dadurch nicht nachlässig werden, als ob sie keinerlei Aufgaben zu erfüllen hätten, außer auf ein besonderes Zeichen des Geistes hin; sondern sie sollen eifrig die Gnade Gottes entfachen, die in ihnen ist.

Diejenigen, welche in ihrem Gehorsam die höchste Stufe erreichen, die in diesem Leben möglich ist, - sind weit davon entfernt, über das Pflichtmaß hinauszugehen und mehr zu tun, als Gott verlang. Vielmehr bleiben sie bei weitem hinter dem zurück, was sie zu tun schuldig sind.

Auch mit unseren besten Werken können wir nicht Vergebung der Sünden oder ewiges Leben bei Gott verdienen, - wegen des großen Missverhältnisses zwischen ihnen und der kommenden Herrlichkeit, wie auch des unendlichen Abstands zwischen uns und Gott. Ihm können wir weder Nutzen schaffen noch für unsere zurückliegenden Sünden Sühne leisten, sondern wenn wir alles, was wir können, getan haben, haben wir nichts als unsere Pflicht getan und sind unnütze Knechte. Sind die Werke gut, so gehen sie vom Geist aus; werden sie aber von uns hervorgebracht, so sind sie mit so viel Schwachheit und Unvollkommenheit belastet und vermengt, dass sie vor der Strenge des göttlichen Gerichts nicht bestehen können.

Da die Personen der Gläubigen durch Christus dennoch angenommen sind, sind ihre guten Werke ebenfalls in ihm angenommen; nicht als ob sie in diesem Leben gänzlich untadelig und unsträflich in Gottes Augen wären. Vielmehr sieht er sie in seinem Sohn und lässt es sich gefallen, das anzunehmen und zu belohnen, was aufrichtig ist, auch wenn es mit viel Schwachheit und Unvollkommenheit verbunden ist.

Werke von nicht wiedergeborenen Menschen mögen ihrem Tatbestand nach Dinge sein, die Gott gebietet, und für sie selbst und andere von gutem Nutzen sein; doch sind sie weder in der rechten Weise - nämlich in Übereinstimmung mit dem Wort -, noch in der rechten Absicht - nämlich zur Ehre Gottes - getan worden, weil sie nicht von einem durch den Glauben gereinigten Herzen ausgehen. Deshalb sind diese Werke sündig und können Gott nicht gefallen oder einen Menschen würdig machen, um Gnade von Gott zu empfangen. Und doch ist es noch sündiger und verwerflich vor Gott, sie zu unterlassen.

Artikel 17 - Von der Beharrung der Heiligen

Diejenigen, welche Gott in seinem Geliebten angenommen hat und die durch seinen Geist wirksam berufen und geheiligt sind, können weder völlig noch endgültig aus dem Stand der Gnade fallen; vielmehr werden sie mit Sicherheit darin beharren und auf ewig gerettet werden.

Diese Beharrung der Heiligen beruht nicht auf ihrem eigenen Willen, sondern auf dem unveränderlichen Ratschluss der Erwählung, der aus der freien und unwandelbaren Liebe Gottes des Vaters entspringt, und darauf, dass Jesus Christus durch sein Verdienst für sie wirksam eintritt, der Heilige Geist und das lebendige Wort Gottes in ihnen bleibt, wie auch auf der Natur des Gnadenbundes; aus dem allen entsteht auch die Gewissheit und vollkommene Zuversicht darüber.

Dennoch können sie durch die Versuchungen des Satans und der Welt, wenn die in ihnen verbliebene Verderbnis überhand nimmt und die Mittel zu ihrer Bewahrung missachtet werden, in schwere Sünde fallen und eine Zeitlang darin stecken bleiben. Dadurch geraten sie unter Gottes Missfallen, betrüben seinen Heiligen Geist, verlieren einen guten Teil ihrer Gnadengaben und des Trostes, bekommen verhärtete Herzen und verwundete Gewissen, verletzten andere und erregen Anstoß und ziehen zeitliche Gerichte auf sich.

Artikel 18 - Von der Gewissheit der Gnade und Erlösung

Heuchler und andere nicht wiedergeborene Menschen mögen sich selbst mit falschen Hoffnungen und menschlicher Vermessenheit betrügen, in der Gnade Gottes und im Stand des Heils zu sein - was nur darauf hinausführt, dass ihre Hoffnung zunichte werden wird; diejenigen jedoch, die wahrhaftig an den Herrn Jesus glauben, ihn aufrichtig lieben und sich bemühen, in einem guten Gewissen vor ihm zu leben, können in diesem Leben fest versichert sein, dass sie sich im Stand der Gnade befinden - und sich in der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes freuen, in einer Hoffnung, die sie niemals beschämen wird.

Diese Gewissheit ist nicht eine bloß mutmaßliche und wahrscheinliche Meinung, die sich auf eine fehlbare Hoffnung stützt, sondern eine unfehlbare Glaubensgewissheit, die sich auf die göttliche Wahrheit der Heilsverheißungen gründet, auf die innere Beglaubigung jener Gnadengaben, die in diesen Verheißungen eingeschlossen sind, und auf das Zeugnis des Geistes der Kindesannahme, der unserem Geiste bezeugt, dass wir Kinder Gottes sind; denn dieser Geist ist das Unterpfand unseres Erbes, mit dem wir auf den Tag der Erlösung hin versiegelt sind.

Diese unfehlbare Gewissheit sieht ihrem Wesen nach nicht so aus, dass ein wahrer Gläubiger lange warten müsste und mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hätte, ehe er an ihr teilhaben kann. Da er statt dessen vom Geist die Befähigung erhalten hat zu wissen, was ihm von Gott freiwillig gegeben ist, kann er diese Gewissheit schon jetzt durch den Gebrauch der schriftgemäßen Mittel - und ohne außerordentliche Offenbarung - erlangen. Deshalb ist jeder Mensch verpflichtet, sich umso mehr zu bemühen, seine Berufung und Erwählung fest zu machen, damit sein Herz mit Friede und Freude im Heiligen Geist, mit Liebe und Dankbarkeit zu Gott und mit Kraft und Zuversicht, um den Pflichten im Gehorsam nachzukommen, erfüllt wird; das sind die eigentlichen Früchte dieser Gewissheit und, wie sich zeigt, sind sie weit davon entfernt, Menschen zur Nachlässigkeit zu verleiten.

Die Heilsgewissheit wahrer Gläubiger kann auf verschiedene Weise erschüttert, geschwächt und unterbrochen werden. Das kann durch Nachlässigkeit, sie zu erhalten, geschehen, oder dadurch, dass man in einer besonderen Sünde verharrt, die das Gewissen verletzt und den Geist Gottes betrübt, auch durch plötzliche und heftige Versuchungen oder durch den Umstand, dass Gott das Licht seines Angesichtes abwendet, sodass die, die Gott fürchten, doch im Dunkeln tappen und kein Licht haben. Dennoch sind sie niemals völlig dem Wort Gottes und dem Glaubensleben entfremdet, auch fehlt ihnen die Liebe zu Christus und zu den Brüdern oder ein letzter Rest an Aufrichtigkeit und Pflichtgefühl nicht völlig. Durch all das werden sie in dieser Zwischenzeit aufrechterhalten und vor völliger Verzweiflung bewahrt, bis die angefochtene Gewissheit durch das Eingreifen des Geistes zur rechen Zeit neu belebt wird.

Artikel 19 - Von dem Gesetz Gottes

Gott hat Adam ein Gesetz gegeben als einen Bund der Werke, durch den er ihn und seine gesamte Nachkommenschaft zum persönlichen, umfassenden, genauen und stetigen Gehorsam verpflichtet, Leben für seine Erfüllung verheißen und Tod bei seinem Bruch angedroht und ihn mit der Kraft und Fähigkeit ausgestattet hat, es zu halten.

Dieses Gesetz blieb nach Adams Fall weiterhin als ein vollkommener Maßstab der Gerechtigkeit erhalten und wurde als solcher von Gott auf dem Berge Sinai in den zehn Geboten übergeben und auf zwei Tafeln aufgeschrieben; die ersten vier Gebote enthalten unsere Pflichten gegenüber Gott, die anderen sechs unsere Pflichten gegenüber den Menschen.

Neben diesem Gesetz, allgemein das Sittengesetz genannt, hatte es Gott gefallen, dem Volk Israel als einer minderjährigen Kirche Zeremonialgesetze zu geben, die aus verschiedenen Anordnungen zur Ausübung symbolischer Handlungen bestanden. Diese bezogen sich teils auf den Gottesdienst, wobei Christus und seine Gnadengaben, Handlungen, Leiden und Wohltaten im voraus abgebildet wurden, teils stellten sie verschiedene Anweisungen für sittliche Pflichten dar. Alle diese Zeremonialgesetze sind jetzt unter dem Neuen Testament aufgehoben.

Dem alttestamentlichen Bundesvolk gab er als einer politischen Körperschaft auch besondere Rechtsvorschriften; diese haben allerdings, zusammen mit dem Zusammenbruch des jüdischen Staates ihre Gültigkeit verloren und binden jetzt niemanden mehr über das hinaus, was zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung erforderlich sein mag.

Das Sittengesetz verpflichtet für immer alle Menschen, seien sie gerechtfertigt oder nicht, zum Gehorsam - und zwar nicht nur im Hinblick auf die in ihm enthaltenen Dinge, sondern auch im Hinblick auf die Autorität Gottes, des Schöpfers, der es gegeben hat. Diese Verpflichtung löst Christus im Evangelium auch nicht irgendwie auf, sondern verstärkt sie vielmehr.

Wahre Gläubige sind zwar nicht unter dem Gesetz als einem "Bund der Werke", um dadurch gerechtfertigt oder verurteilt zu werden. Trotzdem ist das Gesetz für sie wie auch für andere von großem Nutzen; denn es weist als Lebensregel die rechte Richtung, indem es ihnen Auskunft über den Willen Gottes und ihre Pflichten gibt, und verpflichtet sie zu einer entsprechenden Verhaltensweise; es deckt auch die sündhaften Verunreinigungen ihrer Natur, ihrer Herzen und ihrer Lebensführung auf. Wenn sie sich daran prüfen, hat das zur Folge, dass ihnen ihre Sünde bewusst wird, die sie dann als Demütigung empfinden und zu hassen beginnen; damit verbunden wächst in ihnen die Einsicht, wie nötig sie Christus haben und den vollkommenen Gehorsam, den er geleistet hat. Im weiteren dient das Gesetz für die Wiedergeborenen auch dazu, ihre Verdorbenheit dadurch in Schranken zu halten, dass es Sünde verbietet. Seine Drohungen dienen dazu zu zeigen, was ihre Sünden verdienen und welche Nöte sie dafür in diesem Leben zu erwarten haben, obwohl sie von dem diesbezüglich im Gesetz angedrohten Fluch befreit sind. Seine Verheißungen zeigen ihnen in ähnlicher Weise Gottes Wohlgefallen am Gehorsam und welche Segnungen sie bei seiner Erfüllung erwarten dürfen; doch nicht so, als wäre es ihnen Gott durch das Gesetz als einem "Bund der Werke" schuldig; auch besagt es nicht, dass ein Mensch unter dem Gesetz und nicht unter der Gnade lebt, wenn er Gutes tut und Böses unterlässt, weil das Gesetz zum einen aufmuntert und vom anderen abschreckt.

Ebenso wenig steht die zuvor erwähnte Anwendung des Gesetzes im Widerspruch zur Gnade des Evangeliums; vielmehr stimmt sie damit harmonisch überein, indem der Geist Christi den Willen des Menschen anleitet und befähigt, das freiwillig und mit Freude zu tun, was der im Gesetz geoffenbarte Wille Gottes zu tun erfordert.

Artikel 20 - Von der Freiheit des Christen und seines Gewissens

Die Freiheit, die Christus den Gläubigen unter dem Evangelium erworben hat, besteht in dem Freispruch von der Schuld der Sünde, von dem verdammenden Zorn Gottes, dem Fluch des Sittengesetzes und in ihrer Befreiung von dieser gegenwärtigen bösen Welt, der Knechtschaft des Satans und der Herrschaft der Sünde, von dem Übel der Nöte, dem Stachel des Todes, dem Sieg über das Grab und die ewige Verdammnis, sowie in ihrem freien Zugang zu Gott und ihrem eifrigen Gehorsam gegen ihn, nicht aus knechtischer Furcht, sondern aus kindlicher Liebe und in einer Haltung herzlicher Bereitschaft. Alles dies war zwar auch den Gläubigen unter dem Gesetz eigen; aber unter dem Neuen Testament ist die Freiheit der Christen durch die Befreiung vom Joch des Zeremonialgesetzes, dem die jüdische Kirche unterworfen war, weiter ausgedehnt worden; so erlaubt sie auch den Zutritt zum Thron der Gnade mit größerer Zuversicht und zeichnet sich durch umfassendere Mitteilungen des freien Geistes Gottes aus, als sie die Gläubigen unter dem Gesetz normalerweise empfingen.

Gott allein ist Herr des Gewissens und hat es von menschlichen Lehren und Geboten freigestellt, wenn sie bezüglich Glaube und Gottesverehrung irgendwie seinem Wort widersprechen oder es umgehen. Unter Berufung auf das Gewissen, solchen Lehren zu glauben und ihren Geboten zu gehorchen, bedeutet daher, die wahre Freiheit des Gewissens zu verraten. So führt die Forderung nach einem blinden Glauben und einem absoluten und bedingungslosen Gehorsam dazu, dass die Freiheit des Gewissens und der Vernunft zerstört wird.

Wer unter dem Vorwand christlicher Freiheit irgendwelche Sünden begeht oder irgendeiner triebhaften Neigung nachgeht, zerstört den Sinn und Zweck der christlichen Freiheit; denn dieser besteht darin, dass wir, befreit aus den Händen unserer Feinde, dem Herrn ohne Furcht in Heiligkeit und Gerechtigkeit dienen sollen - alle Tage unseres Lebens.

Die von Gott eingesetzte Staatsgewalt und die durch Christus erworbene Freiheit hat Gott nicht dazu bestimmt, dass sie sich gegenseitig zerstören, sondern unterstützen und bewahren. Deshalb widersetzen sich diejenigen Gottes Ordnung, die unter dem Vorwand der christlichen Freiheit irgendeiner staatlichen oder kirchlichen Autorität und deren rechtmäßigen Anordnungen Widerstand leisten. Die öffentliche Verbreitung einer solchen Meinung bzw. ein solches Verhalten widersprechen der natürlichen Offenbarung Gottes, dem Wesen der Gottesfurcht und den bekannten Grundsätzen des Christentums, die im Glauben, in der Anbetung und in der Lebensführung zum Ausdruck kommen. Durch die Art und Weise ihrer Verbreitung bzw. das unbeirrbare Festhalten daran zerstören solche falschen Meinungen oder Verhaltensweisen nach ihrer natürlichen Beschaffenheit den äußeren Frieden und die Ordnung, welche Christus in der Kirche aufgerichtet hat. Wer sich so verhält, soll zu Recht zur Verantwortung gezogen werden, sei es durch kirchliche Verfahren oder rechtmäßige Strafverfolgung durch staatliche Behörden.

Artikel 21 - Von dem Gottesdienst und dem Tag des Herrn

Die natürliche Offenbarung zeigt, dass es einen Gott gibt, der über alles absolute Gewalt besitzt und herrscht, der gut ist und jedem Menschen seine Güte erweist; deshalb sollen wir ihn auch fürchten, lieben, loben, anrufen, ihm vertrauen und dienen - und zwar von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit allen Kräften. Doch wie der wahre Gott in der Weise verehrt werden soll, dass er es auch annehmen kann, ist von ihm selbst bestimmt worden und so an seinen eigenen, geoffenbarten Willen gebunden, dass er nicht nach den Einbildungen und Einfällen von Menschen oder nach den Eingebungen Satans verehrt werden kann, auch nicht unter irgendwelchen Formen einer sichtbaren Darstellung Gottes oder auf eine sonstige, nicht in der Heiligen Schrift vorgeschriebene Weise.

Religiöse Verehrung gebührt Gott, dem Vater, Sohn und Heiligen Geist; und ihm allein : nicht Engeln, Heiligen oder irgendeiner anderen Kreatur. Diese kann seit dem Sündenfall nicht ohne einen Mittler oder durch die Vermittlung eines anderen erfolgen - als allein durch Christus.

Gebet, verbunden mit Danksagung, gilt vor Gott als ausdrückliche Pflicht und wird im Rahmen der Gottesverehrung von allen Menschen gefordert. Damit er es annehmen kann, soll es im Namen des Sohnes durch den Beistand des Geistes in Übereinstimmung mit seinem Willen geschehen, mit Verstand, Ehrerbietung, Demut, Eifer, Glauben, Liebe und Ausdauer und, wenn mit hörbaren Worten, in einer bekannten Sprache.

Gebetet soll werden für rechtmäßige Dinge und für alle Menschen, die jetzt leben oder künftig leben werden; nicht aber für die Toten, auch nicht für die, von denen man wissen mag, dass sie die Sünde zum Tode begangen haben.

Ein rechter öffentlicher Gottesdienst besteht unter anderem aus: dem Lesen der Schrift mit Gottesfurcht; der gesunden Wortverkündigung und dem gewissenhaften Hören des Wortes im Gehorsam gegen Gott mit Verstand, Glauben und Ehrerbietung; aus dem Singen von Psalmen, das von Herzen kommt; ebenfalls aus der rechten Verwaltung und dem würdigen Empfang der von Christus eingesetzten Sakramente. Zu besonderen Anlässen und verschiedenen Zeiten gehören auch Eide, Gelübde, öffentliches Fasten und Dankfeste dazu, die in einer heiligen und gottesfürchtigen Weise abgehalten werden sollen.

Unter dem Evangelium ist weder das Gebet noch irgend etwas anderes im Rahmen der Gottesverehrung an irgendeinen Ort gebunden - an dem es vollzogen oder auf den es bezogen wird -, noch wird es dadurch annehmbarer für Gott. Vielmehr soll Gott überall "im Geist und in der Wahrheit" angebetet werden; sowohl täglich im privaten Familienkreis und von einem jeden gesondert für sich, als auch umso ernsthafter in den öffentlichen Versammlungen, welche nicht sorglos oder mutwillig missachtet oder verlassen werden sollen, da ja Gott durch sein Wort bzw. seine Vorsehung uns dazu aufruft.

Wie es in der Schöpfung begründet liegt, so hat Gott in seinem Wort einen der sieben Wochentage zum Ruhetag bestimmt, der für ihn heilig gehalten werden soll. Dies ist ein ausdrückliches, sittliches und dauerhaftes Gebot, das alle Menschen zu allen Zeiten bindet. Dieser Ruhetag war von Anbeginn der Welt bis zur Auferstehung Christi der letzte Tag der Woche; nach der Auferstehung Christi ist er auf den ersten Tag der Woche verlegt worden; er wird in der Schrift der Tag des Herrn genannt und soll als der christliche Feiertag bis ans Ende der Welt gehalten werden.

Dieser Ruhetag wird dann dem Herrn heilig gehalten, wenn die Menschen, nachdem sie sich zunächst innerlich entsprechend vorbereitet und ihre alltäglichen Angelegenheiten geordnet haben, nicht nur den ganzen Tag eine heilige Ruhe von ihren eigenen Werken, Worten und Gedanken, von ihren weltlichen Beschäftigungen und Vergnügungen bewahren, sondern auch die ganze Zeit im öffentlichen und privaten Rahmen der Verehrung Gottes widmen oder in dieser Haltung mit Pflichten beschäftigt sind, die sich zwangsläufig oder durch soziale Dienste ergeben.

Artikel 22 - Von rechtmässigen Eiden und Gelübden

Ein rechtmäßiger Eid ist ein Teil der Gottesverehrung, bei dem der Betreffende aufgrund eines berechtigten Anlasses öffentlich schwört. Auf diese Weise wird Gott zum Zeugen dafür aufgerufen, was er aussagt oder bestätigt, und zum Richter darüber, ob die Wahrheit oder Unwahrheit durch den Schwur bekräftigt wird.

Der Name Gottes allein ist es, bei dem Menschen mit heiliger Ehrfurcht schwören sollen. Deswegen ist unnötiges und übereiltes Schwören bei diesem herrlichen und furchtbaren Namen - oder überhaupt Schwören bei jedem anderen Ding - Sünde und verabscheuenswert. Doch weil unter dem Neuen ebenso wie unter dem Alten Testament durch das Wort Gottes ein Eid in wichtigen Angelegenheiten gerechtfertigt ist, sollte er auch geleistet werden, wenn er vom Staat verlangt wird.

Jeder, der einen Eid leistet, ist verpflichtet zu bedenken, wie schwerwiegend diese öffentliche Handlung ist und dabei nichts zu bekräftigen als das, von dessen Wahrheit er völlig überzeugt ist. Auch soll sich niemand durch einen Eid an irgend etwas binden, das nicht gut oder gerecht wäre; vielmehr muss er überzeugt sein, dass es gut und gerecht ist. Dabei muss er auch die Fähigkeit und Entschlossenheit besitzen, es zu erfüllen. Doch ist es Sünde, dem Staat in einer guten und gerechten Angelegenheit einen Eid zu verweigern.

Ein Eid sollte geleistet werden im einfachen und allgemeinen Sinn der Worte, ohne Zweideutigkeit oder inneren Vorbehalt. Er kann nicht zur Sünde verpflichten; wird er aber geleistet, ohne auf irgendeine Weise an Sünde zu binden, so verpflichtet er den Menschen, ihn auch dann zu erfüllen, wenn er zum eigenen Nachteil führt. Er darf auch dann nicht verletzt werden, wenn er solchen geleistet worden ist, die den Glauben verfälschen oder verwerfen.

Ein Gelübde besitzt dieselbe Natur wie ein Zusageeid und sollte mit der gleichen gottesfürchtigen Sorgfalt geleistet und mit der gleichen Treue erfüllt werden.

Es darf nicht gegenüber irgendeinem Geschöpf abgelegt werden, sondern gegenüber Gott allein. Damit er es annehmen kann, soll es freiwillig, aus Glauben und einer Gewissensverpflichtung heraus abgelegt werden, aus Dank für empfangene Barmherzigkeit oder um das zu erlangen, was wir wünschen. Auf diese Weise verpflichten wir uns ernsthafter zur Übernahme nötiger Dienste oder zu anderen Dingen, sofern und solange sie die Begründung für das Gelübde passend zum Ausdruck bringen.

Niemand darf etwas zu tun geloben, das im Wort Gottes verboten ist oder was irgendeinen darin gebotenen Dienst verhindern würde, oder was nicht in eigener Macht steht und für dessen Erfüllung der Betreffende keine Verheißung oder Befähigung von Gott besitzt. In jeder Hinsicht sind römisch-katholische Mönchsgelübde, zu fortwährender Ehelosigkeit, erklärter Armut und zum Ordensgehorsam so weit davon entfernt, Grade "höherer Vollkommenheit" zu sein, dass sie abergläubische und sündhafte Schlingen sind, in denen sich kein Christ verstricken sollte.

Artikel 23 - Von der staatlichen Gewalt

Gott der oberste Herr und König der ganzen Welt, hat die staatliche Gewalt eingesetzt, dass sie zu seiner Ehre und zum allgemeinen Wohl, ihm untergeordnet, über andere herrscht. Zu diesem Zweck hat er sie mit der "Schwertgewalt" ausgerüstet, damit die Rechtschaffenen geschützt und gefördert, die Gesetzesbrecher jedoch bestraft werden.

Christen ist es erlaubt, ein staatliches Amt anzunehmen und auszuüben, wenn sie dazu berufen werden. Wie sie in dessen Ausübung in Übereinstimmung mit den bewahrenden Gesetzen jedes Gemeinwesens besonders Gottesfurcht, Gerechtigkeit und Frieden aufrechterhalten sollen, so dürfen sie in dieser Absicht nach dem Neuen Testament - aus gerechtem Grund und zwangsläufiger Veranlassung - rechtmäßig Krieg führen.

Die bürgerliche Obrigkeit darf sich die Verwaltung von Wort und Sakramenten oder die Macht der Schlüssel des Himmelreichs nicht selbst anmaßen, [jedoch hat sie die Befugnis und Pflicht, dafür zu sorgen, dass Einheit und Frieden in der Kirche erhalten bleiben, dass die Wahrheit Gottes rein und ganz bewahrt wird, dass alle Lästerungen und Irrlehren unterdrückt werden, dass aller Verfall und Missbrauch in Gottesverehrung und Sittlichkeit verhindert oder diese wiederhergestellt werden und alle Anweisungen Gottes ordnungsgemäß festgelegt, ausgeführt und eingehalten werden. Um diesen Auftrag besser verwirklichen zu können, hat sie die Macht, Synoden einzuberufen, bei ihnen gegenwärtig zu sein und dafür zu sorgen, dass das, was von ihnen behandelt wird, mit dem Willen Gottes übereinstimmt.]

Es ist die Pflicht des Volkes Gottes, für die Regierungen und staatlichen Behörden zu beten, deren Vertreter zu ehren, Steuern zu entrichten und andere Verpflichtungen zu erfüllen, ihren rechtmäßigen Anordnungen zu gehorchen und sich ihrer Autorität um des Gewissens willen unterzuordnen. Unglaube oder unterschiedliche Glaubenspositionen machen die rechte und gesetzmäßige Autorität des Staates nicht zunichte, noch wird dadurch das Volk Gottes von seinem Gehorsam entbunden, den es dem Staat schuldig ist; davon sind auch kirchliche Amtsträger nicht ausgenommen. Viel weniger besitzt der Papst irgendeine Macht und Rechtsprechung über den Staat und seinen Herrschaftsbereich oder über irgend einen seiner Bürger, [schon gar nicht, um sie ihrer Heimat oder ihres Lebens zu berauben, wenn er sie zu Ketzern erklärt, oder aus welchem anderen Vorwand sonst.]

Artikel 24 - Von Ehe und Scheidung

Die Ehe soll jeweils einen Mann und eine Frau aneinander binden; weder ist es irgendeinem Mann erlaubt, mehr als eine Frau, noch irgendeiner Frau, mehr als einen Mann zur gleichen Zeit zu haben.

Die Ehe ist zur gegenseitigen Hilfe von Mann und Frau bestimmt, zur Vermehrung der Menschheit durch eine rechtmäßig eheliche und der Kirche durch eine heilige Nachkommenschaft und zur Vermeidung von Unreinheit.

Jedem Menschen ist es erlaubt zu heiraten, wenn er zurechnungsfähig seine Einwilligung geben kann - jedoch ist es Pflicht der Christen, allein im Herrn zu heiraten. Deswegen sollen diejenigen, die den wahren reformierten Glauben kennen, keine Ehe mit Ungläubigen, Anhängern des Papsttums oder anderen, die durch den Bruch des 1. und 2. Gebotes dem Götzendienst verfallen sind, eingehen. Ebenfalls sollen sich die Gottesfürchtigen nicht mit solchen ehelich verbinden, die, ganz anders eingestellt, offenkundig gottlos leben oder verwerfliche Irrlehren vertreten.

Ehen sollen nicht zwischen den Graden von Blutsverwandtschaft oder Schwägerschaft, die im Worte verboten sind, geschlossen werden. Es kann eine solche blutschänderische Heirat weder durch irgendein Gesetz eines Menschen noch durch Übereinkunft der Partner je rechtmäßig gemacht werden, sodass solche Personen als Mann und Frau zusammenleben dürften. [Weder darf der Mann jemanden aus der Blutsverwandtschaft seiner Frau in näherem Grad heiraten, als er das bei seiner eigenen dürfte, noch die Frau jemanden aus der Verwandtschaft ihres Ehemannes näher als bei ihrer eigenen.]

Nach dem Verlöbnis begangener Ehebruch oder Unzucht, die vor der Heirat aufgedeckt werden, geben dem unschuldigen Teil rechtmäßigen Grund, das Verlöbnis zu lösen. Im Fall von Ehebruch nach der Heirat ist es dem unschuldigen Teil erlaubt, eine Scheidung zu erwirken und nach der Scheidung einen anderen zu heiraten, als ob der schuldige Teil tot wäre.

Obwohl der Mensch in seiner Verdorbenheit durchaus fähig ist, sich Gründe dafür auszudenken, um diejenigen unrechtmäßig auseinander zu bringen, die Gott miteinander in der Ehe verbunden hat, gibt es doch keinen ausreichenden Grund für die Auflösung des Ehebundes als Ehebruch oder ein derart mutwilliges Verlassen, das nicht einmal die Kirche oder die staatlichen Behörden verhindern können. Ist diese Voraussetzung gegeben, dann soll auf jeden Fall eine öffentliche und ordnungsgemäße Verfahrensweise eingehalten werden, damit die davon betroffenen Personen nicht ihrem eigenen Willen und dem freien Ermessen in ihrer eigenen Sache überlassen bleiben.

Artikel 25 - Von der Kirche

Die "katholische" oder weltweite Kirche, die unsichtbar ist, besteht aus der gesamten Zahl der Erwählten, welche in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einer Einheit versammelt wurden oder werden - unter Christus als ihrem Haupt. Sie ist die Braut, der Leib, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt.

Die sichtbare Kirche, die ebenso "katholisch" oder weltweit unter dem Evangelium ist (nicht begrenzt auf ein Volk wie zuvor unter dem Gesetz), besteht aus all denjenigen in aller Welt, die den wahren Glauben bekennen, und aus deren Kindern. Sie ist das Reich des Herrn Jesus Christus, das Haus und die Familie Gottes; so ist nach Gottes Ordnung außerhalb von ihr keine Erlösung möglich.

Dieser allgemeinen sichtbaren Kirche hat Christus das Amt, die Weissagungen und Ordnungen Gottes gegeben zur Sammlung und Vollendung der Heiligen in diesem Leben bis zum Ende der Welt und macht sie durch seine persönliche Gegenwart und seinen Geist gemäß seiner Verheißung dazu wirksam.

Diese allgemeine Kirche ist zuzeiten mehr, manchmal weniger sichtbar gewesen; wobei die ihr zugehörigen Teilkirchen mehr oder weniger rein sind - je nachdem in ihnen die Lehre des Evangeliums mehr oder weniger rein verkündigt und angenommen wird, die Sakramente verwaltet werden und die öffentliche Gottesverehrung vollzogen wird.

Die reinsten Kirchen unter dem Himmel sind beidem, Vermischung und Irrtum, unterworfen, und einige sind so entartet, dass sie nicht Kirchen Christi, sondern Synagogen des Satans geworden sind. Trotzdem muss es immer eine Kirche auf Erden geben, um Gott in der Weise zu verehren, die seinem Willen entspricht.

Es gibt kein anderes Haupt der Kirche als den Herrn Jesus Christus. So kann der Papst von Rom überhaupt nicht in irgendeinem Sinn deren Haupt sein, vielmehr verkörperte er in seinem Selbstverständnis und durch die offiziellen römisch-katholischen Dogmen eine ihrem Wesen nach antichristliche Lehre.

Artikel 26 - Von der Gemeinschaft der Heiligen

Alle Heiligen, die mit Jesus Christus - ihrem Haupt - vereint sind, durch seinen Geist und im Glauben, haben Gemeinschaft mit ihm sowohl in seinen Gnadengaben als auch in seinem Leiden, seinem Tod in seiner Auferstehung und Herrlichkeit. Da sie miteinander in Liebe verbunden sind, unterstützen sie sich gegenseitig mit ihren natürlichen und geistlichen Gaben und sind verpflichtet, im öffentlichen und privaten Rahmen solche Hilfestellungen zu leisten, die zum gegenseitigen Wohl beitragen; sei es in geistlichen oder natürlichen Belangen.

Die sich als Heilige bekennen, sind verpflichtet, in der Verehrung Gottes und in der Erfüllung jener geistlichen Dienste, die auf ihre gegenseitige Erbauung hinauslaufen, eine heilige Gemeinschaft und brüderlichen Umgang miteinander zu pflegen. Ebenso sind sie verpflichtet, einander in äußeren Dingen entsprechend ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen zu helfen. Wenn Gott Gelegenheit dazu gibt, soll diese Gemeinschaft auf all diejenigen ausgedehnt werden, die an allen Orten den Namen des Herrn Jesus anrufen.

Diese Gemeinschaft, die die Heiligen mit Gott haben, verschafft ihnen in keiner Weise einen Anteil am Wesen seiner Gottheit, sie macht auch niemanden Christus ebenbürtig; beides zu behaupten wäre ehrfurchtslos und lästerlich. Ihre Gemeinschaft untereinander als Heilige entzieht oder verletzt auch kein Eigentum oder den Anspruch auf das, was einem jeden Menschen an Gütern und Besitz gehört.

Artikel 27 - Von den Sakramenten

Die Sakramente sind heilige Zeichen und Siegel des Gnadenbundes, unmittelbar von Gott eingesetzt, um Christus und seine Wohltaten darzustellen und unseren Anteil an ihm zu bekräftigen. Zugleich stellen sie auch eine sichtbare Unterscheidung zwischen denen dar, die zur Kirche gehören, und dem Rest der Welt und verpflichten diese öffentlich, Gott in Christus nach seinem Wort zu dienen.

In jedem Sakrament gibt es eine geistliche Beziehung oder sakramentale Vereinigung zwischen dem Zeichen und der bezeichneten Sache; das führt dazu, dass die Benennungen und Wirkungen des einen auch dem anderen zugeschrieben werden.

Die in den Sakramenten oder durch sie angebotene Gnade wird bei rechtem Gebrauch nicht durch irgendeine in ihnen liegende Kraft übertragen; auch hängt die Wirksamkeit eines Sakramentes nicht von der Frömmigkeit oder Absicht dessen ab, der es verwaltet, sondern von dem Werk des Geistes und dem Wort der Einsetzung. Dies enthält - verbunden mit einer Vorschrift, die zu seinem Gebrauch bevollmächtigt - eine Verheißung der Wohltat für würdige Empfänger.

Es gibt nur zwei Sakramente, die von Christus, unserem Herrn, in den Evangelien eingesetzt sind, nämlich die Taufe und das Abendmahl des Herrn, von denen keines von jemand anderem als einem rechtmäßig ordinierten Diener des Wortes ausgeteilt werden darf.

Die Sakramente des Alten Testamentes waren im Blick auf die geistlichen Dinge, die durch sie bezeichnet und angeboten wurden, dem Wesen nach dieselben wie die des Neuen.

Artikel 28 - Von der Taufe

Die Taufe ist ein Sakrament des Neuen Testamentes, von Jesus Christus eingesetzt, nicht bloß zur öffentlichen Aufnahme des Täuflings in die sichtbare Kirche, sondern auch, damit sie für diesen ein Zeichen und Siegel des Gnadenbundes sei, des Eingepflanztwerdens in Christus, der Wiedergeburt, der Sündenvergebung und seiner Übergabe an Gott durch Jesus Christus, um das Leben aus der Erneuerung zu führen. Die Verwaltung dieses Sakramentes soll in der Kirche Christi - nach seinem ausdrücklichen Auftrag - bis an das Ende der Welt fortbestehen.

Das äußere Element, das in diesem Sakrament gebraucht wird, ist Wasser, womit der Betreffende durch einen ordnungsgemäß berufenen Diener des Evangeliums im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft werden soll.

Das Untertauchen der Personen in Wasser ist nicht notwendig, sondern die Taufe ist durch Begießen und Besprengen der Person mit Wasser recht erteilt.

Nicht nur diejenigen, die selbst den Glauben an Christus und den Gehorsam gegen ihn bekennen, sondern auch die jungen (HK 74) Kinder eines oder beider gläubiger Eltern sollen getauft werden.

Obwohl diese Ordnung nicht verachtet oder versäumt werden soll, so sind doch Gnade und ewiges Heil nicht derart untrennbar verbunden, dass niemand ohne sie wiedergeboren oder gerettet werden könnte oder dass alle Getauften auch unzweifelhaft wiedergeboren wären.

Die Wirksamkeit der Taufe ist nicht an jenen Zeitpunkt gebunden, zu dem sie erteilt wird. Dennoch wird beim rechten Gebrauch dieser Ordnung die verheißene Gnade nicht bloß angeboten, sondern auch wirklich dargeboten und übereignet durch den Heiligen Geist an solche Erwachsene oder Kinder, die diese Gnade von Gott nach seinem eigenen Willensentschluss zu der von ihm festgesetzten Zeit erhalten.

Das Sakrament der Taufe wird jeder Person nur einmal erteilt.

Artikel 29 - Vom Abendmahl des Herrn

Unser Herr Jesus setzte in der Nacht, in der er verraten wurde, das Sakrament seines Leibes und Blutes, genannt das Abendmahl des Herrn, ein, damit es in seiner Kirche bis ans Ende der Welt gehalten würde: zur immerwährenden Erinnerung an sein eigenes Opfer in seinem Tod; zur Versiegelung aller seiner daraus stammenden Wohltaten an den wahren Gläubigen; zu ihrer geistlichen Nahrung und ihrem Wachstum in ihm; zu ihrem weiteren Eifer im Dienst und in der Bindung an alle Pflichten, die sie ihm schulden; und zu einem Band und Pfand ihrer Gemeinschaft mit ihm und miteinander als Glieder seines verborgenen Leibes.

In diesem Sakrament wird Christus nicht dem Vater aufgeopfert, auch gar kein wirkliches Opfer für die Vergebung der Sünden von Lebenden und Toten vollzogen. Vielmehr handelt es sich nur um die Erinnerung an das eine Opfer, das er - ein für allemal - durch sich selbst am Kreuz dargebracht hat; so stellt es eine geistliche Opfergabe in Form jedes nur möglichen Lobpreises Gottes für die Wohltat der Vergebung dar. Deshalb erweist sich das römisch-katholische "Messopfer", wie sie es nennen, als eine ganz abscheuliche Beschimpfung des einmaligen und einzigen Opfers Christi, das die alleinige Versöhnung für alle Sünden der Erwählten ist.

Der Herr Jesus hat seine Diener beauftragt, sein Einsetzungswort vor den Menschen zu sprechen, zu beten und die Elemente von Brot und Wein zu segnen und sie damit von einem gewöhnlichen Gebrauch zu einem heiligen abzusondern, das Brot zu nehmen und zu brechen, den Kelch zu nehmen und (wobei sie auch selbst teilnehmen) beides den Kommunikanten zu geben - aber an niemanden, der sich nicht dazu in der Gemeinschaft versammelt hat.

Im Widerspruch mit dem Wesen dieses Sakraments und zur Einsetzung Christi stehen : Privatmessen oder der Empfang des Sakraments als Einzelperson von einem Priester oder irgend jemand anderem; ebenso die Verweigerung des Kelchs gegenüber den Gemeindegliedern; gottesdienstliche Verehrung der Elemente - deren Emporheben oder Umhertragen zur Anbetung und Aufbewahrung zu irgendeinem angeblich gottesdienstlichen Gebrauch.

Wenn die äußeren Elemente dieses Sakraments ordnungsgemäß ausgesondert wurden, wie Christus es aufgetragen hat, so beziehen sie sich insofern auf ihn als den Gekreuzigten, als dass sie mitunter - wahrhaftig, doch nur sakramental - auf dieselbe Weise benannt werden, wie die Dinge, die sie repräsentieren, nämlich als Leib und Blut Christi. Dies geschieht, obwohl sie nach Wesen und natürlicher Beschaffenheit wahrhaftig und allein Brot und Wein bleiben, wie sie es zuvor gewesen sind.

Jene Lehre, die eine Wandlung des Wesens von Brot und Wein in das Wesen von Christi Leib und Blut (allgemein Transsubstantiation genannt) durch die Weihe eines Priesters oder auf irgendeine andere Weise behauptet, ist nicht allein mit der Schrift im Widerstreit, sondern ebenso mit dem gesunden Menschenverstand und der Vernunft. Sie verfälscht das Wesen des Sakraments und ist immer noch die Ursache für vielfachen Aberglauben, ja gröbsten Götzendienst.

Würdige Empfänger haben äußerlich an den sichtbaren Elementen dieses Sakramentes teil; innerlich empfangen sie den gekreuzigten Christus mit allen Wohltaten seines Todes und speisen sich an ihm wahrhaftig und wirklich im Glauben - jedoch nicht "fleischlich" und leiblich, sondern geistlich. Demnach sind Leib und Blut Christi nicht leiblich, beziehungsweise "fleischlich" in, mit oder unter Brot und Wein; doch sind sie in dieser Ordnung ebenso wirklich gegenwärtig, aber geistlich für den Glauben der Gläubigen, wie es die Elemente selbst für die äußere Sinneswahrnehmung sind.

Obwohl gottlose Menschen und solche, denen das geistliche Verständnis fehlt, die äußeren Elemente in diesem Sakrament empfangen, empfangen sie doch nicht die durch sie bezeichnete Sache, vielmehr werden sie zu ihrer eigenen Verurteilung am Leib und Blut des Herrn schuldig, weil sie unwürdig hinzutreten. In dem Maß, wie solche Personen unfähig sind, sich an der Gemeinschaft mit ihm zu freuen, in dem Maß erweisen sie sich als unwürdig, am Tisch des Herrn teilzunehmen. Wenn sie in diesem Zustand verharren, dürfen sie nicht ohne groß Sünde gegen Christus an diesen heiligen Geheimnissen teilnehmen oder dazu zugelassen werden.

Artikel 30 - Von der Notwendigkeit der Kirchenzucht

Als König und Haupt seiner Kirche hat Jesus, der Herr, den Verantwortlichen der Gemeinden eine bestimmte Art der Kirchenleitung anvertraut e.g, die sich grundsätzlich davon unterscheidet, wie ein Staat regiert wird.

Diesen Verantwortlichen sind die Schlüssel des Himmelreichs anvertraut, kraft derer sie die Vollmacht haben, entweder Sünden zu behalten oder zu vergeben: das Reich Gottes durch beides, das Wort und die Zuchtmaßnahmen, vor denen zu verschließen, die sich in Sünde verhärten, oder aber es durch den Dienst des Evangeliums und die Lossprechung von Zuchtmaßnahmen für die zu öffnen, die ihre Sünden bereuen - je nachdem es die Situation erfordert.

Kirchliche Zuchtmaßnahmen sind notwendig, um solche Brüder zurückzuführen und zu gewinnen, die Anstoß erregen; um andere davor abzuschrecken, sich auf ähnliche Weise zu vergehen; um jenen Sauerteig auszufegen, der den ganzen Teig durchsäuern könnte; um die Ehre Christi und das heilige Bekenntnis zum Evangelium zu verteidigen und den Zorn Gottes abzuwenden, der zu Recht auf seine Kirche fallen könnte; wenn sie dulden sollte, dass sein Bund und dessen Besiegelung von jenen entweiht wird, die offenkundig und hartnäckig Anstoß erregen.

Um diese Ziele besser zu erreichen, haben die Verantwortlichen der Gemeinde mit Ermahnung, durch zeitweiliges Fernhalten vom Sakrament des Abendmahles und Ausschluss aus der Gemeinde vorzugehen; je nach Beschaffenheit des Vergehens und der Schuld der Person.

Artikel 31 - Von den Synoden

Zur besseren Verwaltung und zum weiteren Wachstum der Kirche sollte es solche Versammlungen geben, wie sie gemeinhin als Synoden oder Konzilien bezeichnet werden.

[So wie Staatsbehörden rechtmäßig eine Synode von Dienern und anderen besonders geeigneten Personen berufen dürfen, um sich in Religionsangelegenheiten Rat und Gutachten einzuholen, so dürfen, wenn die Obrigkeiten offensichtlich Feinde der Kirche sind, die Diener Christi von sich aus kraft ihres Amtes oder sie zusammen mit anderen besonders geeigneten Personen als Bevollmächtigte ihrer Gemeinden zu solchen Versammlungen zusammenkommen.]

Es ist die Aufgabe von Synoden und Konzilien, Hilfestellung zu leisten, indem sie Glaubensstreitigkeiten und Gewissensfälle entscheiden, Regeln und Anweisungen für die bessere Ordnung der öffentlichen Gottesverehrung und der Kirchenleitung festlegen, Klagen in Fällen von Amtsverfehlungen entgegennehmen und diese gültig entscheiden. Wenn ihre Beschlüsse und Entscheidungen mit dem Wort Gottes übereinstimmen, sollen sie mit Ehrerbietung und Unterordnung aufgenommen werden. Dies soll nicht nur wegen ihrer Übereinstimmung mit dem Wort Gottes geschehen, sondern auch wegen der Bevollmächtigung, auf Grund derer sie gefällt werden - denn diese Vollmacht ist von Gott eingesetzt und in seinem Wort ausgewiesen.

Alle Synoden oder Konzilien seit der Apostel Zeiten, ob allgemeine oder regionale, können irren, und viele haben geirrt. Deswegen dürfen sie nicht zur Norm des Glaubens oder des Handelns gemacht werden, sondern sollen als eine Hilfe zu beidem benutzt werden.

Synoden und Konzilien haben nichts anderes als kirchliche Dinge zu behandeln und zu beschließen und haben sich in bürgerliche Angelegenheiten, die das Gemeinwohl betreffen, nicht einzumengen, ausgenommen in außerordentlichen Fällen in Form einer höflichen Eingabe oder, wenn sie dazu von staatlichen Behörden aufgefordert werden, in Form eines Ratschlags zu Gewissensfragen.

Artikel 32 - Vom Stand der Menschen nach dem Tod und von der Auferstehung der Toten

Der Körper des Menschen wird nach dem Tod wieder zu Staub und sieht Verwesung, aber seine Seele (die weder stirbt noch schläft) hat eine unsterbliche Wesenheit und kehrt unmittelbar zu Gott zurück, der sie gegeben hat. Die Seelen der Gerechten, die dann vollkommen heilig gemacht sind, werden in den höchsten Himmel aufgenommen, wo sie Gottes Angeseicht in Licht und Herrlichkeit schauen und auf die volle Erlösung ihrer Körper warten. Die Seelen der Gottlosen aber werden in die Hölle geworfen, wo sie in Qualen und äußerster Finsternis bleiben bis zum Gericht jenes großen Tages. Außer diesen beiden Orten für die von ihren Körpern getrennten Seelen kennt die Schrift sonst keinen.

Am Jüngsten Tag werden die Lebenden nicht sterben, sondern verwandelt, und alle Toten werden trotz veränderter Eigenschaften mit keinem anderen als ihrem eigenen Körper auferweckt, wobei dieser für immer mit der Seele wiedervereinigt wird.

Die Körper der Ungerechten werden durch die Macht Christi zur Unehre auferweckt. Die Körper der Gerechten aber werden durch seinen Geist zur Ehre auferweckt und seinem herrlichen Leib gleichgestaltet.

Artikel 33 - Vom Jüngsten Gericht

Gott hat einen Tag bestimmt, an dem er die Welt richten wird in Gerechtigkeit durch Jesus Christus, dem alle Macht und alles Gericht vom Vater übergeben ist. An diesem Tage werden nicht nur die abgefallenen Engel gerichtet, sondern in gleicher Weise werden alle Menschen, die auf Erden gelebt haben, vor dem Richterstuhl Christi erscheinen, um Rechenschaft über ihre Gedanken, Worte und Taten abzulegen und um das zu empfangen, was ihnen - aufgrund ihrer guten oder bösen Taten während ihres Erdenlebens - zusteht.

Diesen Tag hat Gott zu dem Zweck angesetzt, damit seine herrliche Barmherzigkeit und Gerechtigkeit öffentlich erwiesen wird: die Barmherzigkeit in der ewigen Erlösung der Erwählten; die Gerechtigkeit in der Verdammnis der Verworfenen, die gottlos sind und den Gehorsam verweigern. Dann werden die Gerechten ins ewige Leben eingehen und jene Fülle der Freude und Erquickung empfangen, die von der Gegenwart des Herrn ausgeht; aber die Gottlosen, die Gott nicht kennen und dem Evangelium Christi nicht gehorchen, werden in die ewige Qual geworfen und mit ewigem Verderben durch die Gegenwart des Herrn und seine majestätische Gewalt bestraft.

Christus will, dass wir in fester Überzeugung mit dem kommenden Gerichtstag rechnen, aber auch, dass uns dieser Tag unbekannt bleibt. Die Überzeugung, dass es einen Tag des Gerichts geben wird, soll beidem dienen: alle Menschen von Sünden abzuschrecken und die Gottesfürchtigen mit größerer Zuversicht in ihren Nöten zu trösten. Da jedoch dieser Tag unbekannt bleibt, soll der Mensch alle Selbstgerechtigkeit abschütteln und immer wachsam sein, weil er nicht weiß, zu welcher Stunde der Herr kommen wird. - So soll er immer bereit sein zu sagen: Komm, Herr Jesus, komm bald. Amen.

 

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Stand:  27.11.2019